Warum Change in NGOs oft scheitert – und was wirklich hilft
These:
In vielen NGOs fehlt es nicht an Strategien oder Veränderungswillen, sondern an einem klaren Verständnis dafür, wie sich gemeinnützige Organisationen intern weiterentwickeln können.
Oft werden bewährte Change-Modelle aus der Wirtschaft übernommen – doch sie greifen nur bedingt, wenn sie nicht an die besonderen Rahmenbedingungen, Werte und Entscheidungslogiken des Dritten Sektors angepasst werden.
Viele Prinzipien sind übertragbar, aber nicht als Blaupause. Was es braucht, ist ein sensibler Umgang mit Kultur, Struktur und Selbstverständnis von NGOs.
Begriffsklärung: Externer vs. interner Wandel
Im Nonprofit-Bereich wird unter „Veränderung“ oft Unterschiedliches verstanden. Für diesen Artikel ist wichtig:
Externer Wandel meint die gesellschaftliche Wirkung: Was wollen wir „da draußen“ verändern?
Interner Wandel meint die Veränderung der Organisation selbst: Wie arbeiten wir? Welche Strukturen, Prozesse und Haltungen tragen uns – oder bremsen uns?
Dieser Artikel fokussiert auf internen Wandel, also die Frage: Wie können sich NGOs als Organisationen so weiterentwickeln, dass sie langfristig arbeitsfähig, wertebasiert und zukunftsfähig bleiben?
Woran Change-Prozesse im Inneren häufig scheitern
1. Unklare Vorstellungen davon, was sich verändern soll
In vielen Organisationen herrscht Einigkeit darüber, dass sich etwas verändern muss, aber nicht darüber, was genau sich ändern soll. Geht es um Entscheidungswege? Arbeitskultur? Führungsverständnis? Rollen?
Ohne ein gemeinsames Verständnis davon, welcher Teil der Organisation sich wandeln soll, bleibt Change-Prozess vage.
2. Engpässe im Alltag – und dennoch Veränderung möglich machen
NGOs arbeiten oft unter hoher Belastung. Change lässt sich nicht „nebenbei“ umsetzen, aber er muss im Alltagsbetrieb mitgedacht werden, weil es selten möglich ist, das operative Geschäft ruhen zu lassen.
Guter interner Wandel braucht Priorisierung, tragfähiges Projektmanagement und einen klaren Rahmen – nicht „mehr Zeit“, sondern kluge Struktur.
3. Konflikte werden vermieden oder destruktiv geführt
In vielen Teams gibt es eine starke Kultur der Rücksicht – das ist wertvoll, kann aber dazu führen, dass Spannungen nicht ausgesprochen werden. Gleichzeitig werden notwendige Veränderungsimpulse manchmal durch destruktive Konflikte blockiert.
Veränderung braucht Räume für offene, respektvolle Auseinandersetzung und Klarheit, wie mit Spannung konstruktiv umgegangen wird.
4. Unklare Haltung zu Steuerung und Verantwortung
Viele NGOs stehen betriebswirtschaftlichen Steuerungslogiken kritisch gegenüber – oft aus Sorge, die eigene Werteorientierung zu verlieren. Doch Steuerung bedeutet nicht Kontrolle, sondern klare Orientierung, nachvollziehbare Entscheidungen und transparente Rollenverteilung.
Wandel braucht Struktur – in einer Sprache, die zur Organisation passt.
Was hilft, um internen Wandel in NGOs gut zu gestalten
1. Veränderung klar verorten
Interner Wandel sollte sich auf konkrete Spannungsfelder beziehen: Unklare Rollen, fehlende Abstimmung, Kulturthemen oder strukturelle Engpässe.
Nicht abstrakt „verändern wollen“, sondern gezielt ansetzen, wo es knirscht.
2. Wandel als gemeinsames Lernen verstehen
Organisationsentwicklung ist kein lineares Projekt. Sie lebt von Feedback, Iteration und der Bereitschaft, dazuzulernen. Als externe Begleitung oder interne Prozessverantwortliche können wir genau diesen Lernraum gestalten – methodisch, dialogisch, im Tempo der Organisation.
Veränderung gelingt, wenn Menschen sich beteiligen, ausprobieren und reflektieren dürfen.
3. Zeitfenster schaffen und Wandel sichtbar legitimieren
Wichtig ist nicht nur Zeit, sondern Priorität: Hat Veränderung einen Platz in Meetings? Gibt es Ressourcen für Steuerung und Koordination? Ist der Wandel von Leitung und Gremien gewollt und getragen?
Veränderung braucht Raum im System, nicht nur auf der To-do-Liste.
4. Beteiligung verbindlich machen
Partizipation funktioniert nicht automatisch. Sie braucht Struktur: Wer wird wann wie einbezogen? Wo wird informiert, wo mitgestaltet? Welche Rückkopplung gibt es?
Beteiligung braucht Verlässlichkeit – nicht nur gute Absicht.
5. Kultur gezielt bearbeiten
Organisationskultur ist kein weicher Faktor, sondern der Rahmen, in dem jede Veränderung stattfindet. Verhältnis zu Macht, Kommunikation, Verantwortung, Fehlern oder Diversität – all das prägt, wie Organisationen Wandel erleben.
Kulturarbeit ist Kern von Organisationsentwicklung – nicht Dekoration.
Fazit:
Auch NGOs müssen sich stetig weiterentwickeln, um wirksam und zukunftsfähig zu bleiben. Organisationsentwicklung in NGOs heißt: Sinn und Struktur verbinden, Beteiligung ermöglichen und Veränderung so gestalten, dass sie zur Organisation passt.